Der Blutegel

 

 

Die Blutegeltherapie ist eine traditionelle und anerkannte Therapie bei einer Reihe von Humanerkrankungen. So werden bei Menschen beachtliche Erfolge bei der Behandlung von Arthrosen erzielt. Außerdem hilft die Blutegel-Therapie bei Durchblutungsstörungen, rheumatischen und arthritischen Beschwerden, Entzündungen sowie Verletzungen. Zudem wird die Behandlung bei Tinnitus-Erkrankungen und in der plastischen Chirurgie nach Operationen eingesetzt.

 

Seitdem auch die Behandlung von Beschwerden der Haustiere vielen Menschen am Herzen liegt, wird die Blutegeltherapie zunehmend auch für Behandlungen bei Tieren eingesetzt.

 

Mit diesem Hintergrund möchte ich Sie über die Möglichkeiten der Blutegeltherapie bei Hunden informieren.

 

 

 

Geschichte und Lebensraum

 

Die Behandlung mit dem medizinischen Blutegel (Hirudo medicinalis) zählt mit zu den ältesten Heilmethoden, die die Menschheit kennt. Das Wort „Egel“ leitet sich nicht etwa von „Ekel“, sondern vom griechischen Wort „echis“ = Schlange ab. Blutegel gehören zur Familie der blutsaugenden Ringelwürmer und sind mit den Regenwürmern, vor denen sich kaum jemand ekelt, verwandt. In der freien Natur sind Blutegel in kalkarmen, sauberen Teichen, Seen, Tümpeln und langsam fließenden Gewässern zu finden. Der Egel ist dunkelgrün mit 3 braungelben Längsstreifen an der Rückenseite. An jedem Ende befindet sich ein Saugnapf. Der vordere umgibt die Mundöffnung, welche 3 Kiefer mit 80 Kalkzähnchen umgibt. Der hintere Saugfuss dient lediglich zum festhalten. Ihr Leben verbringen sie hauptsächlich im Wasser, zur Fortpflanzung suchen sie dort die flachen Ufergewässer auf. Im Jungstadium ernähren sie sich vom Blut der Kaltblüter wie Fröschen und Fischen, für die schnellere Geschlechtsreife bevorzugen sie jedoch das Blut der Warmblüter. Sind die ausgewachsenen Tiere hungrig, so halten sie sich an der Wasseroberfläche auf, um ihrer möglichen Beute aufzulauern.

 

Die medizinisch genutzten Egel werden entsprechend der Leitlinie für Qualität und Sicherheit gezüchtet und nicht aus natürlichen Gewässern gefischt.            

 

 

 

Interessantes über den Blutegel:

 

 

 

·         können mit nur einer Blutmahlzeit 1-2 Jahre auskommen

 

·         können durch das Saugen ihr Körpervolumen auf das 5-fache vergrössern

 

·         besitzen 240 mikroskopisch kleine Kalkzähnchen

 

·         reinigen ihre Bißstelle enzymatisch

 

·         besitzen keimfreie Speicheldrüsen

 

·         können ein Alter von bis zu 25 Jahren erreichen

                              

 

 

 

Wirkung des Blutegels

 

Medizinische Blutegel verfügen in Ihrem Speichel über eine Reihe von medizinisch wirksamen Substanzen, die während des Saugvorganges in die Bisswunde abgegeben werden.

 

Blutgeltherapie Der Blutegel ist somit eine Art biologische Apotheke mit Wirkstoffen, die auch in Arzneimitteln der Schulmedizin zum Einsatz kommen. Mit modernen Analysemethoden konnten in den letzten Jahrzehnten viele Wirkmechanismen der Speichelinhaltsstoffe des medizinischen Blutegels aufgeklärt werden.

 

Die Wirkung des Blutegels ist gleich doppelt: die ausleitende Wirkung des sanften Aderlasses führt einerseits zu einem Ausschwemmen von Entzündungs- und Giftstoffen. Andererseits wirkt jeder einzelne Egel wie eine Art lebendige Spritze auf den Körper.

 

Die Wissenschaft geht heute von 30 bis 100 verschiedenen Substanzen im Blutegelspeichel aus.

 

Vor diesem Hintergrund wurden Blutegel als Fertigarzneimittel eingestuft und unterliegen den gleichen Anforderungen an Sicherheit, Qualität und Wirksamkeit, die an alle zulassungspflichtigen Arzneimittel gestellt werden. 

 

Die Wirkstoffe des Blutegels wirken schmerzlindernd, entzündungshemmend, durchblutungsfördernd, gerinnungshemmend und fibrin- bzw. thrombenlösend, regen den Lymphfluß und die Blutbildung an und verbessern die Abwehrkräfte des Körpers.      

 

Der bekannteste Wirkstoff ist das Hirudin, abgeleitet von „Hirudo“= Egel. Hirudin bewirkt zusammen mit Calin eine Hemmung der Blutgerinnung, um das Blut während des Saugvorgangs fließfähig zu halten. Beide sind verantwortlich für die bis zu 24 Stunden andauernde Nachblutung und Reinigung der Wunde.

 

Die Hyaluronidase macht das Bindegewebe durchgängig und bahnt damit den Weg für die Ausbreitung der weiteren heilenden Substanzen im Gewebe. Möglicherweise fällt der Hyaluronidase auch eine antibiotische Wirkung zu, da auch die Schleimhüllen von Bakterien zersetzt werden können. Zu den sich weit um die Bißstelle herum verteilenden Wirkstoffen zählen u. a. Egline, Bdelline, Apyrase, Destabilase, Pyavit und Kollagenase. Sie spielen unterschiedliche Rollen bei der entzündungshemmenden und schmerzstillenden Wirkung des Blutegels. Eine weitere histaminähnliche Substanz wirkt gefäßerweiternd und durchblutungsvermehrend.

 

 

 

Anwendungsgebiete des Blutegels

 

Chronische Erkrankungen können in Folge der stark verbesserten Stoffwechselsituation durch die Blutegeltherapie häufig positiv beeinflusst werden und es entstehen neue Chancen auf Linderung.

 

Die Anwendung in der Tiermedizin ist schon recht vielseitig. Bei Hunden finden Blutegel mit ihrem besonderen Speichelcocktail bei folgenden Indikationen Anwendung:

 

 

 

·         Arthritis/Arthrose (chronische Gelenkserkrankung mit Knorpelschädigung)

 

·         Abszesse

 

·         Ekzeme

 

·         Hämatome (Blutergüsse)

 

·         Prellungen

 

·         Lumbago

 

·         Muskelfaserriss

 

·         Kreuzbandriss

 

·         Blutohr (Othämatom)

 

·         Wundheilungsstörungen

 

·         Myogelosen (Muskelverhärtungen)

 

·         Mastitis (Gesäugeentzündungen)

 

·         Narbenproblematik (auch post OP)

 

·         akute Diskopathie (Bandscheibenvorfall)

 

·         Sehnen- und Sehnenscheidentzündung

 

·         Patellaluxation (Verlagerung der Kniescheibe)

 

·         Venenerkrankungen (Thrombose, Thrombophlebitis)

 

·         Spondylose (Verkalkung der Wirbelsäule) und sonstige Wirbelsäulenerkrankungen wie Cauda Equina

 

·         Neuritiden (Nervenreizungen, -entzündungen z.B. Ischialgie

 

·         Osteochondrose = OCD (Knorpelablösungen in den Gelenken beim heranwachsenden Hund)

 

·         Gelenkfehlbildungen (Dysplasien wie Hüftgelenksdysplasie (HD) und Ellbogendysplasie (ED)

 

 

 

 

Was passiert bei einer Blutegelbehandlung?

 

Planen Sie bitte etwas Zeit ein. Eine Blutegelbehandlung Ihres Haustieres dauert in der Regel zwischen 60 - 90 Minuten. Da der Egel nicht gewaltsam entfernt werden darf, kann es durchaus auch mal 2 Stunden oder mehr in Anspruch nehmen. Abhängig von der jeweiligen Indikation ist häufig eine einmalige Anwendung ausreichend.

 

Beim therapeutischen Einsatz werden die Egel an die betroffenen Stellen oder auch an Akupunkturpunkte des Körpers angesetzt.

 

Blutgeltherapie Zu Behandlungsbeginn wird der Blutegel an der vorgegebenen Hautstelle angesetzt, saugt sich fest und sägt sich mit seinen Kalkzähnchen vorsichtig in die Haut. Dieser Vorgang ist weitgehend schmerzfrei, da der Blutegel hierbei wahrscheinlich schmerzlindernde Stoffe abgibt. Auf der Haut des Hundes sucht der Blutegel mit dem Vorderende tastend nach der geeigneten Bissstelle. Der hintere Saugnapf wird als Halterung genutzt. Ist die geeignete Bissstelle nicht gefunden, wird der Saugnapf anschließend in eine neue Position gebracht. Sobald die optimale Stelle erreicht ist, fixiert der Egel den hinteren Saugnapf in der Nähe der Bissstelle.

 

Das Ansetzen von Blutegeln kann schnell gehen, es kann aber auch Geduld erfordern. Die benötigte Zeit ist in dem Fall also von unseren medizinischen Helfern abhängig.

 

Im weiteren Verlauf leitet der Blutegel die Wirkstoffe beim Saugen in das Gewebe ein und fällt anschließend von alleine ab. Die kleine Bisswunde wird durch den Wirkstoff Calin 4 bis 12 Stunden offen gehalten und blutet nach. Erfahrungsgemäß ist die Nachblutungszeit bei Tieren um einiges kürzer als beim Menschen. Die Nachblutung ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung und darf nicht gestoppt werden. Um Verunreinigungen zu vermeiden, wird ein leichter, lockerer Verband mit Kompressen oder Watte aufgelegt, dass das heraustretende Blut aufsaugt.

 

Der heilende Effekt kann nach unterschiedlichen Zeitabständen, oft sogar unmittelbar im Anschluss an die Behandlung, auftreten und hält häufig monatelang an.

 

Haustiere akzeptieren in der Regel den Blutegelbiss ohne Abwehrreaktion und tolerieren die Behandlung meist geduldig. Sie haben im Verlauf der Evolution die heilsame Wirkung des Blutegelbisses in ihrem Instinkt fest verankert. Viele Tiere dösen bei der Behandlung ruhig vor sich hin.

 

Für meine Behandlungen verwende ich ausschließlich medizinische Blutegel aus spezieller Blutegelzucht, welche ich vor der Behandlung beim Züchter käuflich erwerbe. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen wird jeder Blutegel nur einmal therapeutisch verwendet.